Zuschauergewalt

 
Europäisches Übereinkommen über Gewalttätigkeiten und Fehlverhalten von Zuschauern bei Sportveranstaltungen und insbesondere bei Fussballspielen (SEV Nr. 120)
 
In den frühen 1980er Jahren stieg in den Mitgliedstaaten des Europarats die Besorgnis über die zunehmende Gewalttätigkeit und das Fehlverhalten von Zuschauern bei Sportveranstaltungen, insbesondere bei Fussballspielen.

Entschlossen, zusammenzuarbeiten und gemeinsame Schritte zu unternehmen, um dieses Problem unter Kontrolle zu bringen, entwarfen die Regierungsvertreterinnen und Vertreter das Europäische Übereinkommen über Gewalttätigkeiten und Fehlverhalten von Zuschauern bei Sportveranstaltungen und insbesondere bei Fussballspielen.

Die Konvention trat 1985 in Kraft und konzentriert sich auf die folgenden drei thematischen Bereiche: Prävention, Kooperation und Repression.

Polizei FussballDer Prävention dienen folgende Massnahmen: Positionieren von Ordnungskräften entlang der Fanrouten und im Stadion; physische Trennung rivalisierender Fangruppen; kontrollierter Ticket-Verkauf; Stadionverbot für Unruhestifter; Alkoholverbot in den Stadien; effektive Sicherheitskontrollen; eindeutige Kompetenzregelung zwischen den Organisatoren des Anlasses und den Behörden; Garantie der Zuschauersicherheit durch bauliche Massnahmen in den Stadien.

Kooperation zwischen den Sport Clubs, den Ordnungskräften und den Behörden aller an einem internationalen Sportanlass beteiligten Länder ist entscheidend bei der Erkennung und Beseitigung von Sicherheitsrisiken.

Der Repression dienen folgende Massnahmen: Bekannte Unruhestifter mit einem Stadionverbot belegen; die Gerichtsunterlagen angeklagter Gewalttäter an ihre Herkunftsländer weiterleiten und verurteilte Personen ausliefern.
 
 

Monitoring

Die Verantwortung für die Überwachung der in der Konvention festgelegten Verpflichtungen liegt bei einem Ständigen Ausschuss. Dieser besteht aus einem oder mehreren durch die Regierungen der Vertragsstaaten ernannten Experten. Die FIFA (Fédération Internationale de Football Association), die UEFA (European Union Football Association und die FSE (Football Supporters Europe) haben Beobachterstatus.

Im Vorfeld internationaler Sportereignisse – Weltmeisterschaften oder Europameisterschaften – wird innerhalb des Ständigen Ausschusses eine ad-hoc-Arbeitsgruppe gebildet, welche die getroffenen Sicherheitsmassnahmen überprüft, am Ende des Anlasses Bilanz über deren Effektivität zieht und einen Bericht dazu veröffentlicht.
 
 
 
 
 
Monitoring-Programm

Um zu überprüfen, wie die Vertragsstaaten die in der Konvention festgelegten Forderungen umsetzen, wurde 1998 ein spezielles Monitoring-Programm in Kraft gesetzt. Dieses Programm enthält folgende Instrumente:

Jahresbericht: Jeder Vertragsstaat ist verpflichtet, dem Ständigen Ausschuss einen Jahresbericht über die gemachten Fortschritte vorzulegen.

Konsultativbesuche: Diese Länderbesuche werden organisiert, um den Mitgliedstaaten bei der Umsetzung der in der Konvention festgehaltenen Forderungen behilflich zu sein.

Evaluationsbesuche: Ein Evaluationsteam, bestehend aus Experten, untersucht während eines Besuches die Situation vor Ort, bespricht seine Erkenntnisse mit dem betroffenen Mitgliedstaat und veröffentlicht anschliessend einen Bericht dazu. Der Mitgliedstaat ist verpflichtet, spätestens zwei Jahre nach dem Evaluationsbesuch einen Bericht zu den gemachten Fortschritten einzureichen, welcher ebenfalls veröffentlicht wird.

Selbst-Evaluation: Mitgliedstaaten haben die Möglichkeit, eine Selbstevaluation einzureichen, um den Ständigen Ausschuss über die Situation in ihrem Land zu informieren.

Länderprofile: Die vom Europarat erarbeiteten Länderprofile geben einen Überblick über die von jedem Mitgliedstaat getroffenen Massnahmen in Bezug auf die Sicherheit von Besuchern von Sportanlässen. Die Länderprofile sind öffentlich einsehbar und enthalten Information über:

  • Gesetzgebung im Zusammenhang mit der Sicherheit bei Sportanlässen
  • Nationale Koordination
  • Überwachung von Sportanlässen
  • Sanktionen
  • Stadien und deren Ausstattung
  • Ordnungsdienst und Erfüllung der Rolle als Gastgeber eines Sportanlasses
  • Präventivmassnahmen
  • Sicherheit und Sicherheitsdienst im Allgemeinen

 

Abkommen über eine umfassende Vorgehensweise bezüglich Sicherheit, Sicherheitsvorkehrungen und Dienstleistungen bei Fussballspielen und anderen Sportveranstaltungen (SEV Nr. 218)

Im Vorfeld der Fussball Europameisterschaft 2016 lancierte der Europarat eine neue Sportkonvention. Die Mitgliedstaaten des Abkommens verpflichten sich unter anderem dazu,

  • öffentliche und private Akteure aufzufordern, bei der Vorbereitung und Durchführung von Fussballspielen zusammenzuarbeiten
  • sicherzustellen, dass die Infrastruktur der Stadien nationale und internationale Normen und Vorschriften erfüllt, beispielsweise in Bezug auf die Sicherheit und das Lenken von Besucherströmen
  • die Stadien leichter zugänglich zu machen für Kinder, Betagte und Menschen mit Behinderungen
  • Gewalt und Fehlverhalten zu verhindern und zu bestrafen
  • die internationale Polizei-Zusammenarbeit zu stärken

Die Konvention wurde 2016 im Stade de France in St. Denis zur Unterzeichnung aufgelegt und trat 2017 in Kraft. Sie wird letztendlich das oben genannte Europäische Übereinkommen über Gewalttätigkeiten und Fehlverhalten von Zuschauern bei Sportveranstaltungen und insbesondere bei Fußballspielen (SEV Nr. 120) ersetzen.

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Foto © Polizei im Stadion: dpa

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