Schweizerinnen und Schweizer am Europarat

In den verschiedenen Organen, Instrumenten und Monitoring-Mechanismen des Europarats arbeiten Fachleute aus allen Mitgliedstaaten der Organisation, also auch Schweizerinnen und Schweizer. An dieser Stelle werden – stellvertretend für alle – einige davon aus Vergangenheit und Gegenwart kurz vorgestellt:

 

Generalsekretär – Alain Berset

Alain Berset
Der Generalsekretär vertritt den Europarat gegen aussen und steht dem Sekretariat vor. Im Juni 2024 wurde Alain Berset von der Parlamentarischen Versammlung des Europarats für eine Amtszeit von fünf Jahren in dieses Amt gewählt. Der Politik- und Wirtschaftswissenschaftler doktorierte an der Universität Neuenburg/Schweiz und war als Strategie- und Kommunikationsberater tätig. Er war Mitglied des Verfassungsrates des Kantons Fribourg und später Ständerat desselben Kantons. 2012 wählte ihn die Vereinigte Bundesversammlung in den Bundesrat, wo er bis zu seinem Rücktritt 2023 dem Departement des Inneren vorstand. 2018 übernahm er turnusgemäss für ein Jahr das Amt des Bundespräsidenten.

 

Richter – Andreas Zünd

Andreas Zünd
Jeder Mitgliedstaat des Europarats stellt einen Richter am Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR). Für die Schweiz wurde 2021 – mit sieben Monaten COVID-19 bedingter Verspätung – Andreas Zünd in dieses Amt gewählt. Der promovierte Jurist, Anwalt und Richter studierte an der Universität Bern, wirkte am aargauischen Obergericht in Aarau und war von 2003 bis zu seiner Wahl an den EGMR Bundesrichter am Bundesgericht in Lausanne. Altershalber wird Andreas Zünd die reguläre Amtszeit von neun Jahren nicht ausschöpfen können, da Richterinnen und Richter am EGMR mit 70 Jahren in den Ruhestand treten müssen.

 

Richter im Namen von Liechtenstein – Alain Chablais

Alain Chablais
In Liechtenstein besteht die Tradition, Schweizer Staatsbürger für bestimmte Richterämter vorzuschlagen, und so wurde der Schweizer Alain Chablais 2024 im Namen des Nachbarstaats zum Richter am Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) ernannt. Der promovierte Jurist arbeitete beim Europarat u.a. in der Abteilung für das Rahmenabkommen zum Schutz Nationaler Minderheiten und im Sekretariat der Venedig Kommission. 2009 wurde er als Richter ans Bundesverwaltungsgericht der Schweiz gewählt und drei Jahre später als Professor für Öffentliches Recht an die Universität Neuenburg. Bis zu seiner Wahl an den EGMR stand Alain Chablais dem Fachbereich Internationaler Menschenrechtsschutz im Bundesamt für Justiz vor und vertrat die Schweiz nicht nur vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte, sondern auch vor diversen Kontrollorganen der Vereinten Nationen.

 

Direktorin des EDQM – Petra Dörr

Petra Dörr
Petra Dörr wurde 2021 zur Direktorin des Europäischen Direktorats für die Qualität von Arzneimitteln (EDQM) gewählt. Die promovierte Apothekerin arbeitete während zehn Jahren in der Pharmaindustrie im Bereich internationale Zulassungen, bevor sie 2004 zu Swissmedic stiess. Dort war sie verantwortlich für internationale Zusammenarbeit, wurde Mitglied der Geschäftsleitung und schliesslich Vizedirektorin. Vor ihrer Wahl ans EDQM leitete sie in der Weltgesundheitsorganisation (WHO) die Abteilung Zulassungen und Sicherheit.

 

Venedig Kommission – Regina Kiener

Regina Kiener
Regina Kiener ist Professorin für Staats- und Verwaltungsrecht unter Einschluss des öffentlichen Verfahrensrechts an der Universität Zürich. Daneben wirkt sie als Dozentin am Kompetenzzentrum Public Management der Universität Bern sowie als Dozentin an der Schweizerischen Richterakademie. Sie vertritt seit 2013 die Schweiz in der Venedig Kommission, der massgeblichen Einrichtung des Europarats für Gutachten und Beratungen in Verfassungsfragen.

 

ECRI – Bertil Cottier

Bertil Cottier
Bertil Cottier ist Professor für Kommunikationsrecht an der Universität der italienischen Schweiz in Lugano, Extraordinarius an der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Lausanne sowie Gastprofessor an der Akademie für Journalismus und Medien an der Universität Neuenburg. Der ehemalige Vizedirektor des Schweizerischen Instituts für Rechtsvergleichung wurde 2019 zum Vertreter der Schweiz in der Europäischen Kommission gegen Rassismus und Intoleranz (ECRI), dem Hauptinstrument des Europarats zur Bekämpfung aller Formen von Rassismus, Diskriminierung, Fremdenfeindlichkeit, Antisemitismus und Intoleranz – bestimmt.

 

CPT – Hans Wolff

Hans Wolff
Dr. med. Hans Wolff leitet die Gefängnisabteilung des Genfer Universitätsspitals, ist Vizepräsident der Konferenz der Schweizer Gefängnisärzte und Mitglied der Zentralen Ethikkommission der Schweizerischen Akademie der Medizinischen Wissenschaften. Er vertritt die Schweiz seit 2013 im Europäischen Komitee gegen Folter und unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe (CPT), das dem Europarat als Monitoring-Mechanismus dient.

 

Vormals am Europarat

 

Erster Gerichtspräsident – Luzius Wildhaber

Luzius Wildhaber
Luzius Wildhaber (1937-2020) war Professor für Völker-, Staats- und Verwaltungsrecht sowie vergleichendes Staatsrecht an der Universität Basel. Er war Richter in Liechtenstein, in der Schweiz und beim Administrativen Tribunal der Interamerikanischen Entwicklungsbank, bevor er 1991 an den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) gewählt wurde. 1998 wurde der Gerichtshof in ein ständig tagendes Gericht umgewandelt und Luzius Wildhaber zu dessen erstem Präsidenten gewählt. Diese Schlüsselfunktion hatte er bis zu seiner Pensionierung Ende 2006 inne.

 

Generaldirektor – Philippe Boillat

Philippe Boillat
Bereits als Chef der Sektion Menschenrechte und Europarat im Bundesamt für Justiz und als Prozessbevollmächtigter der Schweiz vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) war der Jurist Philippe Boillat mit dem Europarat verbunden gewesen.
Von 2005 bis 2017 leitete er die Generaldirektion für Menschenrechte & Rechtsstaatlichkeit des Europarats.

 

Präsidentin der Parlamentarischen Versammlung des Europarats (PACE)
Liliane Maury Pasquier

Liliane Maury Pasquier
Mit Liliane Maury Pasquier wurde 2018 zum vierten Mal in der Geschichte des Europarats eine Frau, und zum ersten Mal eine Schweizerin zur Präsidentin der Parlamentarischen Versammlung (PACE) gewählt. Die Sozialdemokratin hatte während 12 Jahren den Kanton Genf im Nationalrat (grosse Kammer des Schweizer Parlaments) vertreten, bevor sie 2007 in den Ständert (kleine Kammer des Schweizer Parlaments) gewählt wurde. Sie war ab 2008 Mitglied der Schweizer Delegation in der Parlamentarischen Versammlung, wurde 2018 zur Präsidentin gewählt und 2019 im Amt bestätigt.

 

Sonderbeauftragter für Migration und Flüchtlinge – David Best

David Best
Von 2024 bis 2025 amtierte der Schweizer Diplomaten David Best als Sonderbeauftragten für Migration und Flüchtlinge. Seine vorherige Tätigkeit hatte den Politikwissenschaftler nach Harare, Moskau, Bogotà, Wien, Washington, Bern und Hanoi geführt. Mit dem Europarat war er gleich doppelt verbunden: Ab 2009 hatte er das Team in Strassburg während des Schweizer Vorsitzes im Ministerkomitee als Sonderberater und später als Chef der Sektion Europarat und OSZE von Bern aus unterstützt. Ab 2021 war er erster Mitarbeiter in der Ständigen Vertretung der Schweiz beim Europarat gewesen.

 

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Fotos © bei den rechtmässigen Urhebern

Der Europarat in Kürze

Zweck:  Förderung von Menschenrechten, Demokratie und Rechtstaatlichkeit

Juristische Form:  Internationale Regierungsorganisation

Gründungsjahr:  1949

Mitgliedstaaten:  46

Sitz:  Strassburg/Frankreich

Arbeitssprachen:  EN, FR

Generalsekretär: Alain Berset

Entscheidungsorgan:  Ministerkomitee (=Aussenminister der Mitgliedstaaten)

Beratende Organe:  Parlamentarische Versammlung; Kongress der Gemeinden und Regionen Europas; Konferenz der INGO’s; Menschenrechtskommissar

Hauptinstrument:  Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR)

Rechtliche Basis:  Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK) plus über 200 Konventionen, Zusatzprotokolle und Teilabkommen

Ordentl. Jahresbudget: € 385mio
(davon Gerichtshof: € 85 mio)

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