Schweizerinnen und Schweizer am Europarat


In den verschiedenen Organen, Instrumenten und Monitoring-Mechanismen des Europarats arbeiten Fachleute aus allen Mitgliedstaaten der Organisation, also auch Schweizerinnen und Schweizer. An dieser Stelle werden – stellvertretend für alle – einige davon aus Vergangenheit und Gegenwart kurz vorgestellt:
 
 

Richter – Andreas Zünd

Andreas ZündJeder Mitgliedstaat des Europarats stellt einen Richter am Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR). Für die Schweiz wurde 2021 – mit sieben Monaten COVID-19 bedingter Verspätung – Andreas Zünd in dieses Amt gewählt. Der promovierte Jurist, Anwalt und Richter studierte an der Universität Bern, wirkte am aargauischen Obergericht in Aarau und war von 2003 bis zu seiner Wahl an den EGMR Bundesrichter am Bundesgericht in Lausanne. Altershalber wird Andreas Zünd die reguläre Amtszeit von neun Jahren nicht ausschöpfen können, da Richterinnen und Richter am EGMR mit 70 Jahren in den Ruhestand treten müssen.
 
 

Richter im Namen von Liechtenstein – Carlo Ranzoni

Carlo RanzoniIn Liechtenstein besteht die Tradition, Schweizer Staatsbürger für bestimmte Richterämter vorzuschlagen, und so amtet der Schweizer Carlo Ranzoni im Namen des Nachbarstaats als Richter am Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR). Der Jurist und Anwalt war als Gerichtsschreiber am Kantonsgericht St. Gallen tätig. 2001 wurde er als Richter ans Fürstliche Landgericht in Vaduz berufen und engagierte sich als juristischer Experte in verschiedenen Ausschüssen des Europarats und in den Vereinten Nationen. 2015 wählte ihn die Parlamentarische Versammlung des Europarats zum Richter am Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte.
 
 

Prozessbevollmächtigter der Schweizer Regierung – Alain Chablais

Alain ChablaisDie Regierung jedes Europarat-Mitgliedstaates wird vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) durch einen Prozessbevollmächtigen – einen “Agent” – vertreten. Für die Schweiz führt seit 2018 Alain Chablais die Gerichtsverhandlungen. Der promovierte Jurist arbeitete beim Europarat u.a. in der Abteilung für das Rahmenabkommen zum Schutz Nationaler Minderheiten und im Sekretariat der Venedig Kommission. 2009 wurde er als Richter ans Bundesverwaltungsgericht der Schweiz gewählt und drei Jahre später als Professor für Öffentliches Recht an die Universität Neuenburg. Heute steht Alain Chablais dem Fachbereich Internationaler Menschenrechtsschutz im Bundesamt für Justiz vor und vertritt die Schweiz nicht nur vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte, sondern auch vor diversen Kontrollorganen der Vereinten Nationen.
 
 

Direktorin des EDQM – Petra Dörr

Petra DörrPetra Dörr wurde 2021 zur Direktorin des Europäischen Direktorats für die Qualität von Arzneimitteln (EDQM) gewählt. Die promovierte Apothekerin arbeitete während zehn Jahren in der Pharmaindustrie im Bereich internationale Zulassungen, bevor sie 2004 zu Swissmedic stiess. Dort war sie verantwortlich für internationale Zusammenarbeit, wurde Mitglied der Geschäftsleitung und schliesslich Vizedirektorin. Vor ihrer Wahl ans EDQM leitete sie in der Weltgesundheitsorganisation (WHO) die Abteilung Zulassungen und Sicherheit.
 
 

Nord-Süd Zentrum – Jean-Marie Heydt

Jean-Marie HeydtJean-Marie Heydt ist Französisch-Schweizerischer Doppelbürger. Er studierte Jura und Sozialwissenschaft, doktorierte in Vergleichender Erziehungswissenschaft und ist Generaldirektor der Association Générale des Familles du Bas-Rhin in Strassburg. 2013 wurde er zum Vorsitzenden des Exekutivausschusses des in Lissabon beheimateten Europäischen Zentrums für Globale Interdependenz und Solidarität – besser bekannt als Nord-Süd-Zentrum – gewählt.
 
 

Venedig Kommission – Regina Kiener

Regina KienerRegina Kiener ist Professorin für Staats- und Verwaltungsrecht unter Einschluss des öffentlichen Verfahrensrechts an der Universität Zürich. Daneben wirkt sie als Dozentin am Kompetenzzentrum Public Management der Universität Bern sowie als Dozentin an der Schweizerischen Richterakademie. Sie vertritt seit 2013 die Schweiz in der Venedig Kommission, der massgeblichen Einrichtung des Europarats für Gutachten und Beratungen in Verfassungsfragen.
 
 

ECRI – Bertil Cottier

Bertil CottierBertil Cottier ist Professor für Kommunikationsrecht an der Universität der italienischen Schweiz in Lugano, Extraordinarius an der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Lausanne sowie Gastprofessor an der Akademie für Journalismus und Medien an der Universität Neuenburg. Der ehemalige Vizedirektor des Schweizerischen Instituts für Rechtsvergleichung wurde 2019 zum Vertreter der Schweiz in der Europäischen Kommission gegen Rassismus und Intoleranz (ECRI), dem Hauptinstrument des Europarats zur Bekämpfung aller Formen von Rassismus, Diskriminierung, Fremdenfeindlichkeit, Antisemitismus und Intoleranz – bestimmt.
 
 

CPT – Hans Wolff

Dr. med. Hans Wolff leitet die Gefängnisabteilung des Genfer Universitätsspitals, ist Vizepräsident der Konferenz der Schweizer Gefängnisärzte und Mitglied der Zentralen Ethikkommission der Schweizerischen Akademie der Medizinischen Wissenschaften. Er vertritt die Schweiz seit 2013 im Europäischen Komitee gegen Folter und unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe (CPT), das dem Europarat als Monitoring-Mechanismus dient.
 
 

GRETA – Doro Winkler

Die Ethnologin ist Expertin für die Bekämpfung von Menschenhandel mit 15 Jahren Erfahrung in Opferschutz und Opferbetreuung. Als Mitglied regionaler und nationaler Expertengruppen zu den Themen Migration, Prostitution und Menschenhandel legt Doro Winkler besonderen Wert auf interdisziplinäre Zusammenarbeit. Sie gibt Schulungen für Polizeibeamte, Staatsanwälte, Grenzschutzwächter und Sozialarbeiter und war Co-Präsidentin der Schweizerischen Kampagne „Euro 08 gegen Frauenhandel“. 2016 wurde sie in die 15-köpfige Expertengruppe gegen Menschenhandel (GRETA) des Europarats gewählt und 2020 für eine zweite Amtszeit bestätigt.
 
 

Vormals am Europarat

 

Erster Gerichtspräsident – Luzius Wildhaber

Luzius WildhaberLuzius Wildhaber (1937-2020) war Professor für Völker-, Staats- und Verwaltungsrecht sowie vergleichendes Staatsrecht an der Universität Basel. Er war Richter in Liechtenstein, in der Schweiz und beim Administrativen Tribunal der Interamerikanischen Entwicklungsbank, bevor er 1991 an den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) gewählt wurde. 1998 wurde der Gerichtshof in ein ständig tagendes Gericht umgewandelt und Luzius Wildhaber zu dessen erstem Präsidenten gewählt. Diese Schlüsselfunktion hatte er bis zu seiner Pensionierung Ende 2006 inne.
 
 

Generaldirektor – Philippe Boillat

Philippe BoillatBereits als Chef der Sektion Menschenrechte und Europarat im Bundesamt für Justiz und als Prozessbevollmächtigter der Schweiz vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) war der Jurist Philippe Boillat mit dem Europarat verbunden gewesen.
Von 2005 bis 2017 leitete er die Generaldirektion für Menschenrechte & Rechtsstaatlichkeit des Europarats.
 
 

Präsidentin der Parlamentarischen Versammlung des Europarats (PACE)
Liliane Maury Pasquier

Helen KellerMit Liliane Maury Pasquier wurde 2018 zum vierten Mal in der Geschichte des Europarats eine Frau, und zum ersten Mal eine Schweizerin zur Präsidentin der Parlamentarischen Versammlung (PACE) gewählt. Die Sozialdemokratin hatte während 12 Jahren den Kanton Genf im Nationalrat (grosse Kammer des Schweizer Parlaments) vertreten, bevor sie 2007 in den Ständert (kleine Kammer des Schweizer Parlaments) gewählt wurde. Sie war ab 2008 Mitglied der Schweizer Delegation in der Parlamentarischen Versammlung, wurde 2018 zur Präsidentin gewählt und 2019 im Amt bestätigt.

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